Prototypen-Entwicklung

Prototypen-Entwicklung

Im Rahmen dieses Labs wurden Spielelemente entwickelt, die ohne lange Instruktionen auskommen, schnell umsetzbar sind und im Bereich des Stationen-Lernens für Auflockerung und eine gewisse Dynamik sorgen.

Zunächst wurden in einem Workshop mit den Spiele-Expertinnen von systainchange unterschiedliche Spielformate unter die Lupe genommen und auf ihre Anwendbarkeit im Rahmen des Stationen-Lernens hin überprüft. Es sollten kreative, spielerische Wege gefunden werden, wie Aufgaben/Übungen übermittelt werden können. Schnell wurde deutlich, dass sich viele klassische Spielmechaniken gut nutzen lassen, um Themen aus dem Bereich Demokratiekompetenz zu vermitteln. Damit wäre aber in vielen Fällen eine inhaltliche Konzeptionsarbeit einhergegangen und es hätte bei der praktischen Umsetzung eine Erklärung der Spielregeln gebraucht. Etwas schwieriger es, geeignete Mechaniken zu finden, die annähernd selbsterklärend sind und mit wenig Zeitaufwand funktionieren. Nicht das Democracy Gym an sich sollte neu konzipiert, sondern die bestehende Form gestärkt und noch mehr zur Geltung gebracht werden.

Zuerst wurde beschlossen, dass die einzelnen Übungen den Gruppen an den Trainingsstationen erst nacheinander übermittelt werden und sie nicht nur eine einzige Trainingskarte mit allen Übungen bekommen. Was im Unterrichtsszenario mit Arbeitsblättern funktioniert, braucht für den Event-Charakter andere Methoden. Um mehr Dynamik und ein besseres Gefühl für einen Spielfortlauf zu erzielen, wurde daher beschlossen, dass die Gruppen nacheinander einzelne Umschläge mit entsprechenden Übungen erhalten. Nachdem eine Übung abgeschlossen ist, wird eine Frage beantwortet oder ein Medienergebnis übermittelt, um den nächsten Umschlag von den Coaches zu erhalten. Diese Idee fanden auch die Jugendredaktionen gut. Sie haben die Methode bei einem Testlauf schnell verstanden, gut angenommen und waren der Meinung, dass es mit den Umschlägen mehr Freude bereitet.

Wenn viel mit QR-Codes gearbeitet wird, stellt sich die Frage nach der Übermittlung. Um nicht nur einen gedruckten QR-Code an die Gruppen zu geben, sondern ein kleines Knobel-Element mit einzubauen, wurden die QR-Codes ausgedruckt, auf Pappe geklebt und in mehrere grafische Elemente zerschnitten. Die so entstandenen QR-Code-Puzzle müssen an der Station zunächst richtig zusammengelegt werden, bevor der QR-Code gescannt und die Übung absolviert werden kann. Auch hierauf reagierten die Jugendlichen sehr positiv und meldeten zurück, dass ihnen die QR-Code-Puzzle viel Spaß bereiten.

Aus dem Einstiegs-Workshop ging außerdem die Idee hervor, die Intro-Geschichten einzelner Stationen über Wimmelbilder zu übermitteln. Verbindet man mit dem Begriff zunächst vielleicht nur Kinderbücher, so erfreut sich das Prinzip seit einigen Jahren in Form von Detektivspielen auch bei Älteren neuer Beliebtheit. Jugendliche knobeln gerne und schlüpfen gerne in die Detektiv- oder Profiler-Rolle, um Fälle zu lösen. Diesen Ansatz wollten wir verfolgen und ein geeignetes Wimmelbild und entsprechende Geschichten entwickeln. Hieraus ergab sich ein separater Auftrag für die Spiele-Expertin Franziska Klinkert. Sie gestaltete Figuren und ein Wimmelbild, welches für verschiedene Stationen im Democracy Gym eingesetzt werden kann. Sie entwarf mehrere Geschichten, z.B. zum Thema Protestrecht, Religionsfreiheit und Hate Speech, die einen spielerischen Einstieg bieten sowie inhaltlich Wissenswertes vermitteln. Die Jugendlichen der Jugendredaktion erhielten einen Workshop rund um Spielmechaniken und im Speziellen zum Format Wimmelbild. Ziel war es, die Wimmelbild-Geschichten zu testen und zu schauen, wo es noch Verbesserungspotenzial gibt. Die Jugendlichen konnten darüber hinaus eigene Geschichten entwickeln und weitere Wünsche für den Einsatz äußern.

Der Workshop startete mit einer Einführung in Spielmechaniken. Danach bildeten die Jugendlichen Kleingruppen zu je 3-4 Personen. Jede Gruppe erhielt ein Wimmelbild und dazu einen Umschlag, der sie in eine Geschichte einführte. Auch wenn die Gruppen unterschiedliche Geschichten bearbeiteten, war der Auftrag für alle grundsätzlich gleich: Finde einen bestimmten Charakter an einem bestimmten Ort auf dem Wimmelbild und verfolge den Weg, den er zurücklegt. Sobald die einzelnen Gruppen das Ziel gefunden hatten, erhielten sie von der Spielleiterin einen zweiten Umschlag, in welchem ein weiterer Arbeitsauftrag enthalten war, der darauf abzielte, den Ort bzw. die Geschichte im Rahmen von Demokratie als Oberthema zu diskutieren. Als Beispiel: Drei Freund*innen sind zu unterschiedlichen religiösen Zentren gegangen. Was haben diese Orte gemeinsam? Was haben diese Orte mit dem Grundgesetz zu tun? Als alle Gruppen fertig waren, haben sie rotiert, um eine weitere Geschichte zu spielen.

Nach der zweiten Spielerunde wurden die Jugendlichen zu ihrer Spielerfahrung befragt. Das Feedback der Jugendredaktion in Bezug auf das Wimmelbild war grundsätzlich positiv. Die Jugendlichen können sich vorstellen, durch die Spielmechanik „Wimmelbild“ spielerisch in ein Thema im Democracy Gym eingeführt zu werden und dadurch bestimmte Themen mit mehr Spaß zu bearbeiten. Sie mochten die Spielidee und beurteilten das Wimmelbild als ansprechend. Was sie sich wünschten, war, dass auf dem Wimmelbild noch mehr Personen abgebildet sind, damit es noch länger dauern kann.

Im Anschluss fanden sich die Jugendlichen erneut in Kleingruppen zusammen und entwickelten eigene Wimmelbild-Geschichten. In eine noch leere Vorlage konnten sie eigene Figuren und Wege einzeichnen. Abschließend stellte jede Gruppe ihre Geschichte vor:

  • Freunde wollen eine Spendenaktion für die Erdbebenopfer in der Türkei organisieren und gehen durch die Stadt, um Spenden zu sammeln.
  • Eine Person sucht einen Job und geht zu unterschiedlichen Läden in der Stadt (Restaurants, Supermärkte), um eine Anstellung zu finden.
  • Es treffen sich mehrere Personen bei einer Imbissbude und gehen dann gemeinsam zum Volleyball spielen.

In der Nachbearbeitung des Wimmelbild-Prototyps sollten primär zwei Dinge umgesetzt werden: Zunächst sollte das Wimmelbild noch voller und somit unruhiger werden, da sich die Jugendlichen wünschten, dass es komplexer wird. Zweitens sollten die Geschichten, die sich die Kleingruppen ausgedacht hatten, ebenfalls in das Wimmelbild integriert werden.

Denkt man an Planspiele, Escape Games oder ähnliches, dann leben diese Formate in der Regel davon, dass Spieler*innen in ein bestimmtes Szenario eintauchen und in eine Rolle schlüpfen. Eine passende Kulisse und Requisiten können dies noch weiter unterstützen. Auch die Spielleiter*innen schlüpfen in eine Rolle, doch nicht alle sind automatisch als Schauspieler*innen geboren. Manchen liegt die anleitende Rolle, doch sie brauchen Hilfsmittel, um die Stimmung authentisch zu vermitteln. Hier können akustische Signale und Untermalungen helfen. Beide Jugendredaktionen haben im Verlauf des Projekts rückgemeldet, dass sie sich gut vorstellen können, dass der Gym-Gedanke noch unterstützt werden könnte, indem beispielsweise Hintergrundmusik während einzelner Übungen gespielt wird oder zwischendurch ein lustiger Einspieler kommt – angedockt an den Meme-Gedanken. Aus diesem Gedanken heraus entstand die Idee einer Sound-Machine, einer Web-App, die mit Smartphone oder Tablet bedient werdn kann und auf der es mehrere Buttons gibt, hinter denen sich Sounds, Jingles oder Kommentare verbergen. Zusammen mit den Jugendlichen der IGMH haben wir in einem Brainstorming mögliche Sounds gesammelt. Darunter z.B. Applaus, ein Raunen, das durch die Menge geht, ein Countdown, aber auch Sätze, die sich speziell auf demokratiepädagogische Szenarien beziehen. Für die Umsetzung kam ein Expert*innen-Team von Soundproduzent, Programmierer und Grafikerin zusammen, die anhand der Wünsche und Ideen der Jugendlichen einen Prototyp produzierten. Der finale Prototyp besteht aus 50 verschiedenen Audio-Dateien, die mehreren Buttons auf dem Screen individuell zugeordnet werden können. So haben Spielleiter*innen die Möglichkeit, situationsbedingt Sounds einzuspielen und so die Dynamik, die Stimmung und den Spielverlauf auflockernd zu unterstützen.

Gerade im Bereich politischer Bildung, aber auch im medienpädagogischen Bereich geht es immer auch darum, Prozesse sichtbar zu machen und sich auch über das eigene Tun anzueignen. So auch in unserem Beispiel des Democracy Gyms. Es geht oft darum, sich zu positionieren, eine Meinung zu bilden und diese auch zu äußern und zu vertreten. Dies haben auch die Spieleexpertinnen positiv rückgemeldet und den Vorschlag gemacht, dies vor allem im Bereich von Abstimmungsprozessen bei den Kleingruppen noch etwas hervorzuheben.

Die Idee: An den Stationen findet am Ende eine Abstimmung statt, die jedes Mal anders verläuft. Exemplarisch können die Jugendlichen an der Station „Deine Verfassung“ selbst einen Weg finden, wie sie ihre TOP 5 der Grundgesetzartikel bestimmen. An der Station „Demokratie im Lauf der Zeit“ hingegen, erhalten alle gleich viele Tokens, die sie ganz frei auf die Ereignisse platzieren können, die ihnen persönlich am wichtigsten erscheinen. Dabei können – je nach persönlicher Gewichtung – auch alle Tokens an ein Ereignis gelegt werden. Denkbar wäre an anderen Stationen, dass die Gruppen beispielsweise den Auftrag erhalten, dass die größte/kleinste Person der Gruppe bestimmen darf. In einer abschließenden Runde können im Plenum diese Prozesse noch mal aufgegriffen, verdeutlicht und in Bezug auf demokratische Prozesse diskutiert werden.