Prototypen-Entwicklung

Prototypen-Entwicklung

Nachdem die Jugendredaktion der IGMH ihr erstes Lab durchlaufen hatte, fragten wir sie, welche Medien sie noch interessant finden und was sie sich für ein weiteres Lab vorstellen könnten. Neben Video/Film nannten sie auch Computerspiele, Bilder und Grafiken. Die Gruppe hatte zuvor bereits die Station „Gib Hass keine Chance!“ aus der Democracy Gym Broschüre gespielt und sich sehr interessiert an der Thematik gezeigt. Es handelte sich bei der Jugendredaktion um eine reine Mädchengruppe. Wir führten tiefgehende Diskussionen u. a. hinsichtlich Handlungsoptionen und Verantwortlichkeiten der Plattformbetreibenden in Fällen von Sexismus, der Abwertung und Diskriminierung speziell von Frauen. Es ging den Mädchen in der Diskussion durchaus auch darum, feministische Positionen zu benennen und zu formulieren, sich nicht als Opfer zu sehen.

Unser Vorschlag war daher, dass wir uns diese Station vornehmen und mit der Idee von Grafikgestaltung, Bildern und Avataren verknüpfen. So könnte eine Online-Variante des Fragebogens gestaltet werden, um damit die Station und v. a. die Ergebnisse der Charakter-Darstellungen etwas attraktiver zu machen. Die Jugendlichen fanden die Idee sehr gut und wünschten sich darüber hinaus noch eine mediale Alternative zum Intro und/oder der Aufgabenstellung.

Den kreativen Start der Lab-Phase bildete ein Workshop, bei dem die Jugendredaktion von der Kommunikationsdesignerin Kristin Lauer Grundlegendes zu Designprozessen und unterschiedlichen Illustrations-Stilen lernte. Der Fragebogen „Entdecke deine Stimme im Netz“, von dem die Jugendlichen gerne eine Online-Variante haben wollten, liefert am Ende fünf verschiedene Charaktere als mögliche Ergebnisse: Stille*r Beobachter*in, Unterstützer*in, Ungerechtigkeits-Reporter*in, Gerechtigkeits-Aktivist*in oder Mutige*r Kämpfer*in.

In einem ersten Schritt sammelten die Jugendlichen Attribute, also charakteristische Eigenschaften und Wesensmerkmale für die fünf Charaktere. Sie stellten sich die Frage, woran man den jeweiligen Charakter erkennt und was ihn*sie in Bezug auf das Aussehen, Charaktereigenschaften und potenzielle Gegenstände, die er*sie bei sich trägt, ausmacht.

Im zweiten Schritt gestalteten sie ihre eigenen Moodboards mithilfe der App Book Creator. Hier stand die Visualisierung der eigenen Ideen im Vordergrund. Welcher Illustrations-Stil gefällt am besten? Welche Farben und Schriftarten passen zu den einzelnen Charakteren? Die Jugendlichen waren mit großer Begeisterung dabei. Sie recherchierten online, suchten passende Fotos und Illustrationen für die einzelnen Charaktere und zeichneten sogar selbst. So entstanden umfangreiche Sammlungen, die die Wünsche und Visionen der Jugendlichen widerspiegelten und die die Grafikerin als Grundlage für ihren Gestaltungsauftrag mitnahm.

Für die Programmierung konnten die Medienexpert*innen von riversite gewonnen werden. In Planungsgesprächen kam von deren Seite die Idee und der Vorschlag, den Fragebogen „Entdecke deine Stimme im Netz“ nicht nur durch die Grafiken aufzuwerten, sondern zusätzlich eine kleine KI-Anwendung einzubauen. ChatGPT war zu dieser Zeit in aller Munde und riversite gab uns die Gelegenheit, das Tool in einer kleinen Kreativ-Anwendung einzubauen und zu testen. Die Idee: Alle Spieler*innen müssen zu Beginn einen Nickname eingeben. Diesen verwendet die KI und gibt am Ende, je nach Ergebnis aus der Befragung, verschiedene adaptierte Nicknames zur Auswahl aus. Zusätzlich generiert sie in Abhängigkeit des Ergebnisses (als mögliche Ergebnisse kommen fünf unterschiedliche Charaktere infrage) einen Haiku. Den Jugendlichen und uns hat die Idee gefallen, da so die Ergebnisse am Ende noch mal eine persönlichere Note bekommen. Gerade auch die Idee, dass über den Haiku, also über eine sehr kurze Gedichtform, alle noch etwas mit auf den Weg bekommen, z.B. als mutige*r Kämpfer*in, fanden alle witzig und vermittelt durch die KI ein wenig Leichtigkeit bei einem eher schweren Thema. So enstand am Ende ein Plakat, das den erspielten Charakter, einen kurzen Erklärtext zum Charakter, den ausgewählten Nickname und Haiku beinhaltet und heruntergeladen werden kann.

In der Zwischenzeit setzten sich die Jugendlichen weiter mit den Charakteren auseinander und diskutierten die Frage, inwieweit diese als eindeutig männlich/weiblich oder genderneutral gelesen werden sollten. Der Wunsch ging zu genderneutral. Außerdem wurde ihnen bewusst, dass sie bereits während des Workshops immer mal wieder an Tiere gedacht hatten. Am Ende waren sie sich daher einig, dass die Grafikerin die Figuren als Tiere darstellen sollte. Die Grafikerin präsentierte einen ersten Zwischenstand, der die Jugendliche direkt ansprach und schon sehr überzeugte. Vor allem die Figur „Stille*r Beobachter*in“ sowie „Gerechtigkeits-Aktivist*in“ hat sie direkt komplett überzeugt. Die Figur „Mutige*r Kämpfer*in“ war ihnen etwas zu niedlich. Hier erging ein Überarbeitungsauftrag an die Grafikerin. Die Figur sollte nicht so übertrieben grinsen, sondern einen entschlosseneren Gesichtsausdruck erhalten. Ebenso gab es den Wunsch, die Figur „Ungerechtigskeits-Reporter*in“ noch mal zu überarbeiten. Die Figur wirkte zu konservativ und wurde zu stark als männlich gelesen.

Den Wunsch, bei dieser Station auch eine mediale Alternative für das Intro oder die Aufgabenstellung zu haben, nahmen wir mit in die Gespräche mit ZDF Digital. Da den Jugendlichen die Arbeit mit unterschiedlichen Charakteren sehr gut gefallen hat, dachten wir in Richtung animierter 3D-Avatare und Augmented Reality. ZDF Digital griff die Idee auf und gestaltete zwei digitale Coaches, die als AR-Erlebnis in die Übung einführen.

Den Jugendlichen haben beide Ansätze sehr gut gefallen und sie konnten ihre Wünsche und Ideen in den Produktionen der Medienprofis wiederfinden. Sie waren mit den finalen Ergebnissen sehr zufrieden.